Tagebuch aus Haithabu / Hedeby
 
   
25 Jahre Wikinger Museum Haithabu

20. Juni 2010 - Archäobotanik, Wolle & Glasperlen

[Überarbeitet am: 25. März 2012]

Seit der Eröffnung der neuen Dauerausstellung in dem Wikinger Museum Haithabu, werde ich immer öfters per E-Mail gefragt, ob man im Museum auch wieder Bücher und Andenken einkaufen kann?
Ja, direkt neben der Kassenzone wurde eine Verkaufsecke eingerichtet und wer mehr darüber wissen möchte, findet hier einen Artikel darüber [KLICK MICH] mit weiteren Informationen.

Laut Wetterbericht soll es heute am Vormittag regnen und gegen Nachmittag scheint die Sonne. Also fuhr ich mit einem Regenschirm im Rucksack nach Haddeby zum Wikinger Museum Haithabu, da ich trotz Regen unbedingt bei der archäologisch-botanischen Führung von Dr. Helmut Kroll (Archäobotaniker aus dem Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel) teilnehmen wollte. Aber das Wetter war perfekt, zwar viele Wolken aber gelegentlich kommt die Sonne heraus, kein Regen und warm. Auch die Deutsche Bahn AG fuhr heute überpünktlich und ich erreichte das Wikinger Museum rechtzeitig vor 11:00 Uhr.

Auf dem Weg Richtung Museum fiel mir die kleine Gruppe an der Haithabu-Glocke auf und dann entdeckte ich dort Dr. Kroll und Frau Drews. Treffpunkt war wie all die Jahre davor auch, an der Glocke. Was in diesem Jahr allerdings neu war, waren die grünen Chips, die die Museumsbesucher an der Kasse erhalten haben. Neben der Eintrittskarte wurde zusätzlich noch eine kleine Führungsgebühr in Höhe von 2,00 EUR gefordert und dafür erhielt man dann an der Kasse diese grünen Chips. Draußen hat Frau Drews diese Chips eingesammelt und dann ging die botanische Wanderung durch die Landschaft der Wikinger auch gleich mit einer Gruppe von 15 interessierten Museumsbesuchern los.

Auf dem Foto links erklärte Dr. Kroll gerade, was aus der wichtigen Nutzpflanze, die Linde alles hergestellt wurde. Wichtiges Gebrauchsmaterial war Lindenbast, das in der Haithabu-Zeit als Tauwerk für die Schiffe eingesetzt worden ist. Die Fischer knüpften daraus ihre Netze und das Reet für die Dächer wurde damit befestigt. Auch die Halteseile für die bekannten „Haithabu-Taschen“ bestanden vermutlich aus Lindenbast. Hier zwei Aufnahmen von einem Rekonstruktionsversuch dieser „Haithabu-Tasche“.

Nachtrag 07. Mai 2011: Sämtliche Aufnahmen von der Haithabu Tragetasche kann man über die neue Seite "Flickr-Bilderkatalog" [KLICK MICH] aufrufen.

Die archäologisch-botanische Wanderung ging von dem Wikinger Museum Richtung Nordwall (große Aufnahme ganz oben), von dort weiter zum Nordtor und dann wieder zurück über die Hochburg Richtung Wikinger Museum. Wer wollte konnte am Nordtor die Führung verlassen und zu den Wikinger Häuser weitergehen aber es blieben alle bei der Führung und erfuhren daher vieles über die Hochburg und dem „Thingplatz“ (Freilichtbühne) oberhalb der Hochburg. Obwohl ich die Führung schon letztes Jahr mitgemacht habe, hat es sich auf jeden Fall wieder gelohnt, da man ja doch einiges vergessen hat und außerdem bei den Führungen immer wieder etwas Neues dazukommt, dass man vorher noch nicht wusste. Erstaunt war ich über die neuen Zäune oben auf der Freilichtbühne. Vermutlich gefiel irgendjemand vom Amt Haddeby die Zäune bei den Wikinger Häuser und man wollte nun so etwas in der Art auch oben auf der Hochburg haben. Ob das Sinn macht, keine Ahnung.

Viele Führungen sind mitunter recht trocken und werden leider auch mit allzu vielen Fachwörtern überhäuft, dass man als Besucher sich nach einer Zeit richtig langweilt und eigentlich nur noch weg möchte. Aber nicht bei dieser Führung. Hier wird locker und mit viel Humor über die Pflanzenwelt der Wikinger erzählt und unterwegs an Beispiele auch gezeigt. Dazu kommt, dass die Museumsleiterin von dem Wikinger Museum Haithabu, Frau Ute Drews sich an der Führung mitbeteiligte und so auf dem Weg zwischendurch immer wieder etwas aus dem Leben der Bewohner Haithabus berichten konnte. Dabei erfuhr ich einiges an neuen Erkenntnissen aus der archäologischen Forschung.
Nach ein paar weiteren Anekdoten über Haithabu, Ansgard und neuzeitliche Bauern (in der Gruppe war zumindest ein Bauer dabei) waren wir alle wieder am Museum angekommen.
Laut einstimmiger Meinung von der Gruppe, war diese Führung nicht nur sehr lehrreich, sondern brachte allen auch viel Spaß. Die nächste und letzte Führung in diesem Jahr mir Dr. Kroll und Frau Drews ist am 11. Juli 2010, wieder ab 11:00 Uhr und Treffpunkt ist erneut an der Haithabu-Glocke. Bitte unbedingt vorher an der Kasse sich für diese Führung anmelden und einen grünen Chip geben lassen.


Nach der Führung ging ich über die Hochburg zu den Wikinger Häuser. Dort an der Kasse traf ich Lasse (Bodenstein), der dieses Jahr seinen FSJK (freiwilliges Soziales Jahr Kultur) im Museum bei den Häusern auf der Museumsfreifläche ableistete. Aber zum Glück studiert er danach am Institut für Ur- und Frühgeschichte an der CAU (Uni) Kiel Archäologie und bleibt daher dem Wikinger Museum erhalten. An diesem Wochenende hatte Reinhard (Erichsen) Museumsdienst und war am Bogenstand, um eines der neuen Langbogen einzuschießen. An der Herberge stand am kleinen Fenster eine neue Leiter. Ob das eine Leiter für Trolle ist? Nun, wer kann erraten, wozu diese Leiter dient? Die Auflösung werde ich erst ganz am Schluss hier im Tagebuch verraten.

Manfred war heute zusammen mit seiner Frau ebenfalls in Haithabu und beide arbeiteten bei dem Haus des Holzhandwerkers [Nr. 4]. Marion und Sven (Hopp) waren ebenfalls bei den Wikinger Häuser. In dem Zelt, wo sonst die Bögen und Pfeile aufbewahrt werden, hat er ein Kuppelofen aufgebaut und fertigte damit einige Glasperlen an. Lasse (Bodenstein) sorgte dafür, dass das Feuer gut angeheizt wurde und nach einer Zeit wurde es merklich warm unter dem Zelt. Ich bin ja mal gespannt, wie das nachher im Hochsommer sein wird. Aber auch interessant, wie viel Hitze so ein kleiner Ofen entwickeln konnte. Im Sommer machte das Arbeiten in einem Grubenhaus sicherlich keine große Freude. Aber der Kuppelofen unter dem Zelt machte Sinn, da entgegen der Wetterprognose in dem Schleswig-Holstein Magazin ab Nachmittag es doch geregnet hatte. Bei neueren Grabungen vom Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) unter der Leitung von Herrn Dieter Stoltenberg (beendet in diesem Monat von Frau Dr. Astrid Tummuscheit) wurde innerhalb des Siedlungsbereiches ein Grubenhaus mit einem (vermutlichen) Kuppelofen entdeckt. Ob aber allerdings damit ebenfalls Glasperlen hergestellt worden sind, wird von der Archäologie mangels Auswertung bisher noch nicht bestätigt. Ob überhaupt in der nächsten Zeit wegen der Finanzkrise eine Auswertung der Befunde durchgeführt werden kann? Zumindest schweigt das Archäologische Landesamt, wenn es um diese Frage geht. Hoffentlich werden dafür vom Land Schleswig-Holstein bald Gelder freigegeben und Herr Dr. Hilberg als verantwortlicher Haithabu-Archäologe kann mit den Auswertungen beginnen.

Nachtrag 25. März 2012: Die Volkswagenstiftung fördert für drei Jahre die Erforschung des Übergangs vom wikingerzeitlichen Handelsplatz Haithabu bis hin zum zentralen Mittelalterhafen Schleswig. Dr. Volker Hilberg leitet diese Arbeitsgruppe, die den Arbeitstitel „Zwischen Wikingern und Hanse“ erhalten hat und am Ende soll aus dem Ergebnis eine Sonderausstellung zusammengestellt werden. Dann wird auch die letzte Grabung in Haithabu, die einige interessante Funde / Befunde geliefert hatte, ausgewertet.

Und nun fast am Ende von dem heutigen Tagebucheintrag noch etwas über die Vorführung bei den Wikinger Häuser mit dem Titel: Handwerk im Experiment „Rainfarm, Johanniskraut und Walnusssud – der Wolle Farbe geben“. Iris und Matthias (Barkmann) von Vikingr-Kontor haben unter den Augen der Museumsbesucher Wolle in großen Kesseln gefärbt. Leider fing es am Spätnachmittag wieder an zu regnen und daher ließ die Interesse von den Besuchern merklich nach. Nur Matthias (Barkmann) konnte nicht weg, da er noch die Wolle aus dem Kessel holen musste. In diesem Fall eine sehr schöne Indigofärbung.

Bevor ich das Tagebuch für heute schließe, hier noch eine Aufnahme von vier Wikinger Häuser im Regen. Links das Langhaus [Nr. 5] (Versammlungshaus), Haus des Holzhandwerkers [Nr. 4],
Haus der Händler [Nr. 3] und rechts im Bild das Haus des Tuchhändlers [Nr. 2].
Und nun die Auflösung: Die Leiter ist eine Hühnerleiter, da in der Herberge [Haus Nr. 7] Hühner gehalten werden sollen. Ein Hühnerstall wurde innerhalb der Herberge schon gebaut und nun fehlen nur noch die Hühner, als Neubewohner von Haithabu.

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